Winter

Winter
Bildquelle: daniel stricker / pixelio.de

Im Wald sind nur die Kobolde wach. Sie feiern und trinken Met. Ihr Gesang ist rauh und kehlig. Selten kommt ein Mensch vorbei, dem sie einen Streich spielen. Dann lassen sie einen Ast oder einen Tannenzapfen auf oder neben ihn fallen.
Es ist ein Spaß zu sehen, wer am besten zielen kann, und zu beobachten, wie unterschiedlich die Menschen reagieren:
Manchen erschrecken sich und zucken zusammen. Das ist besonders lustig.
Andere werden neugierig und schauen sich suchend um, wer wohl nach ihnen geworfen hat. Doch sie sehen niemanden. Denn Kobolde sind unsichtbar – zumindest für menschliche Augen. Wenn ein Mensch besonders gute Ohren hat, kann er ein leises Kichern hören.
Manche Menschen jedoch – diese sind besonders langweilig – reagieren überhaupt nicht. Sie laufen einfach weiter, bleiben in ihr Gespräch vertieft und beachten die fliegenden Äste und Tannenzapfen überhaupt nicht. Natürlich hören sie auch kein Kichern.

Ein paar wenige Menschen freuen sich über die Geschenke, die auf sie niedergehen. Bei diesen spüren die Kobolde eine Dankbarkeit und sie geraten selbst in eine nahezu festliche Stimmung. Das ist sonst nicht ihre Art, aber dem Segen der Dankbarkeit können auch sie sich nicht verschließen. Dann werden sie ruhig, fast andächtig und geben dem Menschen bis zu seinem Verlassen des Waldes sicheres Geleit, damit ihm niemand anderes einen Schabernack spielen mag.
Anders ist es allerdings bei denen, die sich über Äste und Zapfen aufregen. Diese werden weiter gepiesackt und gegängelt. Wurzeln tauchen auf, die vorher nicht da waren, über die der Laufende stolpert, weitere Früchte des Waldes treffen Kopf, Rücken und Schultern des sich Ärgernden.

Ganz selten, das kommt bestimmt nur alle paar Jahre einmal vor, kommt ein Mensch und sieht sie. Da erschrecken sie selbst, wissen gar nicht, wie sie sich verhalten sollen. Sind sie es doch gar nicht gewöhnt, von Menschen gesehen zu werden. Von diesen Menschen bekommen sie manchmal sogar Geschenke: Kekse, Schokolade, Tabak, Alkohol.
Ab diesem Zeitpunkt beginnt so etwas ähnliches wie Loyalität. Nicht, dass sie diesem Menschen nicht doch hin und wieder zu einem Spaß aufgelegt wären. Aber da sie sowieso erkannt werden, bleibt der Schaden gering und steht in keinem Verhältnis zum Guten, das sie ihm gewähren.

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